"Der Ruhende" von Lissy Paulus
Ein schwerer Schicksalsschlag vor 13 Jahren war der Auslöser dafür, dass Lissy Paulus zur Kunst fand. Heute befasst sich die gelernte Arzthelferin intensiv mit Bildhauerei und
ihre Arbeiten sind nicht nur im Landkreis Miesbach zu sehen.
Ich treffe Lissy Paulus beim Umzug an. Sie plant, ihren Wohnsitz von Waakirchen nach Schliersee zu verlegen. Jetzt aber kann ich in ihrem Garten und im Atelier noch ihre
Skulpturen betrachten. Ich sehe figürliche Darstellungen aus unterschiedlichen Materialien und mannshohe Köpfe. Eine Sandsteinfigur stellt eine innige Mutter-Kind-Umarmung
dar.
Die Bildhauerin erzählt: „Meine Tochter kam wenige Tage vor ihrem 20. Geburtstag durch einen Autounfall ums Leben.“ Danach habe sie begonnen, Steinbildhauerei zu erlernen. Bei dem
akademischen Bildhauer Heinrich Schreiber habe sie an der Sommerakademie in Kronach mehrere Kurse besucht. „Ich musste Ruhe finden, mich beschäftigen“, erklärt sie. In der Arbeit
fand sie Hilfe, es sei das beste, was sie habe machen können, sagt sie.
Mit Materialien experimentieren
Die Arbeiten spiegeln die Trauer der Mutter wieder. Ihre Figuren sind zumeist in gebückter, in sich gekehrter Haltung. Sie zeigen das Leid nach außen, das Lissy Paulus in ihrem
Inneren trägt. Im Atelier finden sich eine Reihe von farbigen Malereien. „Meine Tochter hat gemalt“, erzählt die Bildhauerin. Auch ihre Mutter und die Nichte seien künstlerisch
begabt.
Lissy Paulus aber hat für sich die Bildhauerei entdeckt und experimentiert mit den Materialien. Neben traditioneller Steinbildhauerei nutzt sie auch Speckstein. Daraus ist ein
liegender männlicher Torso geworden. Das weibliche Gegenstück hat sie aus einer Astgabel eines Eukalypthusbaumes gefertigt. Häufig verwendet sie auch Keramik-, Stein und
Bronzeguss.
Am Strand von Hawaii
„Der Ruhende“ nennt sie die große Steinguss-Skulptur, die in ihrem Atelier steht. Sie ist aber auch neben mehreren weiteren Arbeiten der Waakirchnerin am Luganer See aufgestellt
und fand dort das Interesse von Amerikanern, so dass ein Bronzeguss dieses riesigen Kopfes jetzt auch am Strand von Hawaii anzutreffen ist.
Noch nicht fertig ist eine Auftragsarbeit, die sie wiederum für Italien fertigt. „Mädchen am See“ soll sie heißen. Ein sitzendes, zartes Mädchen wird es sein, im Gegensatz zu
ihren sonstigen Arbeiten will Lissy Paulus hier ein wenig abstrahieren.
Daneben sehe ich ein Doppelporträt. „Die Liebenden“ hat die Bildhauerin diese Skulptur genannt, die zwei sich zugeneigte Figuren mit glücklichem Gesichtsausdruck zeigt. Aber sie
sei noch nicht mit zufrieden, meint sie, irgend etwas stimme noch nicht, und so verhängt sie das Werk wieder.
Eine eigene Ausstellung ihrer Arbeiten im Landkreis Miesbach plant Lissy Paulus, sobald sie umgezogen ist, entweder im Jagerhaus in Gmund oder im alten Schalthaus in Tegernsee, so
dass ihre Figuren auch hier der Öffentlichkeit zugänglich werden.
Text/Foto: Monika Gierth
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